Es mag zwar eine „Situation“, aber letztendlich hat KPV-Generalsekretär Nguyễn Phú Trọng seinen eigenen Schatten überwunden. Er wird das höchste Amt im Staate besetzen, was noch nicht einmal der einst so mächtige Generalsekretär Lê Duẩn zu Kriegszeiten geschafft hat. Nguyễn Phú Trọng wird dann die zwei mächtigsten Positionen im Staate haben, die des Generalsekretärs der KPV sowie Präsident der Sozialistischen Republik Vietnam. Zuletzt konnte nur Hồ Chí Minh von 1951 bis zu seinem Tode im Jahr 1969 die beiden Ämter in einer Person vereinen.
Einer seiner Sorgen im Mai 2015 war noch, als er zu Volksvertretern bei einem Treffen gesagt hat „Generalsekretär und Präsident gleichzeitig sind ein zu großes Amt. Wer soll mich da kontrollieren?“ Damals hielt Nguyễn Phú Trọng noch nicht allzu viel von der Vereinigung der beiden Ämter. Heute sagt er, „es sei keine Vereinigung der beiden Ämter“ oder er „werde nicht Präsident wegen der Vereinigung von zwei Ämtern in einem, sondern weil die Situation es so hergibt.“ So formulierte er es gegenüber den Volksvertretern am 08.10.2018 bei einem Treffen in Hanoi.
Ein weiteres Hindernis war, dass er noch keinen „Käfig für das Einsperren der Macht“ gefunden hat. Doch wenn jetzt die Macht von zwei Ämtern in einer Person vereint werden, dann müsste diese Sorge sich doch mindestens verdoppeln. „Wer soll mich kontrollieren?“ Was für ein Glück, die Person, die alle Macht in sich vereint ist der Generalsekretär der KPV selbst, deswegen werden seine Sorgen die Macht auszuhöhlen etwas anders sein als seine eigene Ansicht dazu. Über das Zentrieren der Macht hat Nguyễn Phú Trọng mindestens einmal die Macht eines Präsidenten nach westlichem Stil erwähnt, „ich kann machen was ich will“ – undemokratisch!
Die dritte Sorge war, dass er der Oberste Befehlshaber über die Streitkräfte werde und somit das Amt des „Vorsitzenden des Komitees für Verteidigung und nationale Sicherheit“ einnehmen müsste. Das ist ohne Frage ein wichtiges Amt. Unter Generalsekretär Lê Duẩn war Präsident Tôn Đức Thắng nicht Mitglied des Politbüros, somit lagen alle Entscheidungen beim Generalsekretär, weshalb das Amt des „Vorsitzenden des Komitees für Verteidigung und nationale Sicherheit“ rein formeller Natur war. Zwar nur rein formeller Natur aber trotzdem sind es zwei wichtige verschiedene Ämter, die nicht aufgelöst werden können. Vor allem für den Fall, dass der Präsident auch gleichzeitig Mitglied des Politbüros sein sollte, dann ist die Macht des Präsidenten sehr groß, wenn er weiß, wie man sie ausnutzt.
Zuletzt sorgte er such auch, dass das „Vier-Säulen-System“ aus Generalsekretär, Präsident, Premierminister und Vorsitzender der Nationalversammlung zu einem „Drei-Stelzen-System“ wird. Auch zu Zeiten von Hồ Chí Minh herrschte das „Vier-Säulen-System“. Da gab es entweder einen Generalsekretär oder einen Ersten Sekretär. Das ist ein Unterschied der eher theoretisch und überhaupt nicht leicht ist, weil es mit einer Theorie zu tun hat, die Vietnam noch nicht umgesetzt hat.
Jetzt hat Generalsekretär Nguyễn Phú Trọng seine vier Aspekte des eigenen Schattens überwunden, ob wohl es nur die „Situation“ sei, wie er selbst sagte. Sein Schritt bringt gewisse Erwartungen und unbekannte Gefahren mit sich.
Wie sollen die beiden Ämter vereinigt werden?
Generalsekretär Nguyễn Phú Trọng sagte selbst „Es ist doch keine Vereinigung.“ Das sagt er so, um vom Hauptthema abzulenken und die öffentliche Diskussion darüber abzuwenden.
Unter der Vereinigung der beiden Ämter versteht sich, dass der Generalsekretär der Kommunistischen Partei auch Präsident wird oder der Parteisekretär eines Bezirks, Distrikts oder einer Provinz auch gleichzeitig Vorsitzender des Volkskomitees auf der gleichen Verwaltungsebene wird. Ebenso würde es sich mit Ausschüssen in der Partei verhalten, wenn sie Teil eines Ministeriums werden. Zwei Systeme, das eine von der Partei, das andere vom Staat, werden zu einer Einheit geschlossen.
Warum sollte man die Vereinigung der beiden Ämter unterstützen?
Der wichtigste Grund ist vermutlich, dass der Verwaltungsapparat reduziert wird. Damit werden auch die Infrastruktur sowie die Ausgaben für die Erhaltung des Apparates eingeschränkt.
In allen 63 Provinzen und zentral verwalteten Städten Vietnams, befinden sich die Sitze der beiden bestehenden Verwaltungsapparate der Partei sowie des Staates in großen und prächtigen Gebäuden. Eine Vereinigung von zwei Ämtern würde eine große Menge an Gebäuden freigeben und auch Zahlungen an Mitarbeiter verringern. Somit würde die Steuerverschwendung eingeschränkt werden.
Ein weiterer wichtiger Grund für die Unterstützung einer Vereinigung von zwei Ämtern wäre die Außenpolitik. Das Außenministerium müsste nicht mehr mit den anderen Ländern verhandeln, um den Besuch eines Generalsekretärs zu ermöglichen, denn ein Generalsekretär ist kein Staatsoberhaupt. Als Vertreter einer Partei, kommt er nicht als Vertreter eines Landes und hat somit auch keine Rechte irgendwelche Verträge zu unterzeichnen. Nguyễn Phú Trọng scheint dies durch den letzten USA-Besuch im Juli 2015 verstanden zu haben. Das gleiche gilt für die USA-Besuche von Phạm Quang Nghị im Juli 2014 sowie Đinh Thế Huynh im Oktober 2016.
Zu bemerken ist, dass eine Vereinigung von beiden Ämtern nicht die grundlegenden Probleme Vietnams lösen wird. Sie wird nicht die Stärke, die Intelligenz von Vietnamesen hervorbringen, um das Land zu regieren. Ebenso wird es nicht die Korruption verhindern oder die Jagd nach Macht und Ehre.
Der Begriff „Volkswille“ soll nicht missbraucht werden
In den letzten Tagen haben einige ihre Meinung kundgetan und sich im Namen des Volkes ausgesprochen. Dabei wurde das Volk selbst doch nicht gefragt. Wenn jemand wissen will, was der Wille des Volkes wirklich ist, dann soll er es auch direkt fragen.
Auch der Begriff des „Willens der Partei“ wäre nicht richtig. Das wäre nur die Meinung von 200 Mitgliedern des Zentralkomitees und nicht die Meinung von gut vier Millionen Parteimitgliedern. Würde man es richtig formulieren wollen, so müsste man sagen „der Wille des Zentralkomitees“. Doch auch das stimmt nicht zu 100 Prozent. Denn auch das Zentralkomitee entscheidet sich gegen den eigenen Willen.
Nicht halb Fisch, halb Fleisch
„Wenn ich Präsident werde, dann nicht wegen der Vereinigung von zwei Ämtern in einem, sondern weil es die Situation so hergibt.“ Schon diese unklare Aussage des Generalsekretärs Nguyễn Phú Trọng zeigt eine Unklarheit auf.
„Situation“ zeigt, dass Generalsekretär Nguyễn Phú Trọng das Amt nicht „natürlich“ übernehmen wird, sondern, dass es personengebunden war. Herr A kann zwei Posten auf einmal übernehmen, während der Herr B das nicht kann. Das Problem endet noch nicht hier. Wer wird der nächste Generalsekretär?
„Es ist doch keine Vereinigung.“ zeigt, dass es sich weiterhin um zwei parallel bestehende Systeme handelt. Das geht gegen die Idee einer „Vereinigung von beiden Ämtern“, um die Steuerverschwendung zu reduzieren.
Es gibt aber auch Leute, die durch solch eine Zentrierung der Macht die Entstehung einer Diktatur befürchten. Da sollte man sich fragen, ob es in der Geschichte jemals keine Entstehung einer Diktatur in einem sozialistischen Land gab. Egal ob es vier Säulen, drei Säulen oder nur eine Säule der Macht gab, es war eine Diktatur und die Staatsgewalt ging niemals vom Volke aus.
Um die Sorge vor einer Diktatur zu lösen, müsste Nguyễn Phú Trọng beim nächsten Parteitag 2021 sein Amt als Generalsekretär ablegen, da er nach Parteiordnung nur zwei Amtszeiten hat. Diese Regelung, die es seit 1986 gibt, darf unter keinen Umständen aufgehoben werden. Eine dritte Amtszeit wäre eine deutliche Errichtung einer Diktatur.
Um die Steuerverschwendung zu reduzieren, sollten die beiden Apparate der Partei und des Staates zusammengelegt werden. So wird auch die Anzahl an korrupten Amtsträgern reduziert und der Kampf dagegen erleichtert. Für das Volk sind beide Apparate zum jetzigen Zeit zu korrupt. Je weniger Behörden, desto besser für das Volk.
Was man nicht sagen kann ist, dass eine Vereinigung der beiden Ämter bei Nguyễn Phú Trọng als eine Karriereleiter für nachkommende Generationen an Parteikadern dienen soll. Man sollte sie nicht hineinzwingen. Zumindest damit das Staatsoberhaupt nach dem bevorstehenden 13. Parteikongress ins Ausland reisen kann.
Dr. Nguyễn Ngọc Chu (via Facebook)