Obwohl sich die Slowakei bereits dazu entschieden hat, nur vietnamesische Verdächtige und keine slowakischen Amtsträger zu befragen, will Deutschland auch die Rolle des ehemaligen slowakischen Innenministers Robert Kaliňák bei der Entführung ermitteln.
Der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák wartet währenddessen auf die Ermittlungsergebnisse aus Deutschland, um dann diplomatische Maßnahmen gegen Vietnam vorzunehmen.
Nur einige Tage nach Bundeskanzlerin Angela Merkels Besuch in der slowakischen Hauptstadt Bratislava, wo sie auch die Entführung von Trịnh Xuân Thanh angesprochen hat, sind deutsche Ermittler seit Montag Abend dort, um die Befragung von vierzehn Zeugen vorzubereiten.
In einem Interview mit der slowakischen Nachrichtenagentur TASR, gibt der Sprecher der slowakischen Staatsanwaltschaft Matej Izakovich an: „Die Befragungen beginnen am Dienstag, den 12.02.2019 und ziehen sich bis zum kommenden Wochenende. Dem Antrag auf Amtshilfe der Deutschen zufolge, sollen die vierzehn Zeugen unmittelbar durch die Deutschen befragt werden.“
Izakovich fügt hinzu, dass auch die slowakische Staatsanwaltschaft an den Befragungen von zwei deutschen Ermittlern teilnehmen wird. Deutschland hat hierbei die Amtshilfe durch die Nationale Kriminalagentur der Slowakei (NAKA) angefragt.
Bisher ist die Identität der Zeugen unbekannt. So ist nur bekannt, dass es Mitarbeiter des Innenministeriums, der Security sowie der Escort-Einheit des Außenministeriums sein sollen. Die Entführung von Trịnh Xuân Thanh aus Berlin, über die Slowakei nach Vietnam lässt bis heute noch viele Fragen ungeklärt. Das ist der Grund, warum die deutsche Seite in der Slowakei vierzehn Zeugen unmittelbar befragen möchte.
Die slowakische Polizei hat jedoch keine weiteren Einzelheiten zu den Ermittlungen preisgegeben. So erklärt die Sprecherin der slowakischen Polizei Denisa Baloghová: „Da die Ermittlungen von der deutschen Seite durchgeführt werden, können wir keine Details zu den Ermittlungen geben. Für weitere Informationen, kann man sich an die zuständigen deutschen Behörden wenden.“
Deutschland hat die Ermittlungen direkt nach dem Bekanntwerden der Entführung von Trịnh Xuân Thanh im Juli 2017 aufgenommen und im Monat darauf die Unterstützung durch die slowakischen Behörden angefordert. Die slowakische Seite hat erst ein Jahr später, die Ermittlungen aufgenommen, da der damalige Innenminister Robert Kaliňák, immer wieder beteuert hatte, dass der Besuch des vietnamesischen Ministers für öffentliche Sicherheit Tô Lâm nichts mit der Entführung zu tun hätte.
Erst nachdem die deutsche „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sowie die slowakische Tageszeitung „Dennik N“ darüber berichtet haben, wie ein slowakisches Regierungsflugzeug Trịnh Xuân Thanh aus dem Schengen-Raum gebracht haben soll und vor allem, dass die deutschen Ermittler sich fast zu 100 Prozent sicher waren, dass dies der Fall gewesen sein soll, ohne jegliche Zweifel, haben die slowakischen Behörden die Ermittlungen am 03.08.2018 aufgenommen.
Nach mehr als drei Monaten der Ermittlungen, hat sich die Slowakei im November 2018 dazu entschlossen, slowakische Verdächtige, hauptsächlich Polizisten und Regierungsbeamte, nicht mehr zu befragen, weil es keine konkreten Beweise für einen strafrechtlichen Prozess gäbe. So soll sich die Slowakei fortan nur noch auf vietnamesische Verdächtige konzentrieren, da es den Verdacht gibt, dass die vietnamesische Delegation unter der Leitung von Tô Lâm das Regierungsflugzeug für den Transport von Trịnh Xuân Thanh aus dem Schengen-Raum missbraucht haben soll.
Die deutsche Seite zeigte sich alles andere als zufrieden mit den slowakischen Ermittlungen, da der größte Verdacht auf dem ehemaligen Innenminister Robert Kaliňák liegt und die Slowakei die Ermittlungen gegen slowakische Verdächtige eingestellt hat. Beim Treffen zwischen dem slowakischen Premierminister Robert Pellegrini und Bundeskanzlerin Merkel am 07.02.2019, hat die deutsche Regierungschefin betont, dass sie „an einer Aufklärung interessiert“ sei.
Vier Tage nach dem Treffen zwischen den zwei Regierungschefs, hat die Slowakei einer Befragung durch deutsche Ermittler in der Slowakei zugestimmt.
Können die deutschen Ermittler den slowakischen Protokollchef befragen?
Zuvor hatte die deutsche Seite das Interesse Radovan Čulák, Protokollchef des slowakischen Innenministeriums zu befragen, dennoch ist es bisher noch nicht passiert.
So meldet das slowakische Innenministerium vor einigen Tagen: „Radovan Čulák hat keine Informationen über das Programm der deutschen Ermittler in der Slowakei und noch niemand hat über diesen Wunsch gehört. Wenn die deutschen Behörden ihn befragen möchten, dann wird er ihnen seine vollste Unterstützung geben.“
Den Aussagen von einigen Mitgliedern der Escort-Einheit zufolge, soll es einen Vietnamesen gegeben haben, der betrunken schien und von zwei anderen Vietnamesen an Bord des Flugzeuges getragen wurde. Diese Person soll Trịnh Xuân Thanh gewesen sein. Zudem wollen die Ercort-Mitglieder von Radovan Čulák gehört haben: „Kali weiß davon, es ist im staatlichen Interesse.“ Kali ist der Spitzname des damaligen Innenministers Robert Kaliňák.
Bei den slowakischen Ermittlungen bestreiten Kaliňák und Čulák, dass es diese Aussage gegeben haben soll. Kaliňák forderte von der Presse sogar eine Entschuldigung, da die Zeugen sich falsch erinnert oder sogar eine falsche Anschuldigung erhoben haben sollen.
Der slowakischen Tageszeitung „SME“ zufolge, soll Čulák bald Vorsitzender des Instituts für Ergotherapie der Slowakei werden.
Kann Deutschland Lê Hồng Quang befragen?
Die deutsche Polizei gibt bisher keine Informationen über die befragten Personen. So ist auch unklar, ob Lê Hồng Quang, Berater des ehemaligen Premierministers Robert Fico, und auch ehemaliger Geschäftsträger a.i. der slowakischen Botschaft in Hanoi, durch die deutschen Behörden befragt wird.
Den bisherigen Ermittlungen zufolge, spielt Lê Hồng Quang eine wichtige Rolle in der Organisation der Treffen zwischen den zwei Delegationen aus Vietnam und der Slowakei im Hotel Bôrik, welche den Transport von Trịnh Xuân Thanh aus dem Schengen-Raum mit einem slowakischen Regierungsflugzeug verdecken sollten. Die slowakische Polizei hat ihn bisher noch nicht befragen können, da er zwischenzeitlich nach Vietnam zurückgeflogen sein soll. Unklar ist auch, ob er derzeit in der Slowakei ist.
Lê Hồng Quang hat in einem Zeitungsinterview seine Meinung zum Ausdruck gebracht: „Ich habe nicht an den Vorbereitungen, an der Organisation sowie Umsetzung des Transports von Trịnh Xuân Thanh teilgenommen und ich weiß auch nicht mehr als das, was die Presse gemeldet hat.“
Der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák wartet auf die deutschen Ermittlungsergebnisse
Die slowakische Tageszeitung „Pravda“ gibt an, dass die Slowakei auf die deutschen Ermittlungsergebnisse warte. So sagt der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák: „Um diplomatische Maßnahmen gegen Vietnam einzuleiten, brauchen wir einen Grund und der ist die offizielle Bestätigung der Fakten durch die deutsche Seite. Der Verdacht, dass die vietnamesische Delegation unsere Gastfreundlichkeit missbraucht haben soll, kann entweder bestätigt oder verworfen werden.“
Lajčák fügt hinzu, dass Slowakei seine diplomatische Vertretung in Vietnam reduziert habe und zudem die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zurzeit auf Eis sein. Anstatt eines Botschafters, hat die Slowakei zurzeit nur einen Geschäftsträger und zurzeit gibt es auch keine bilateralen Beziehungen zwischen Vietnam und der Slowakei.
„Wir haben oft betont, dass die Beziehungen zu Vietnam auf Eis gelegt werden, wenn es keine glaubwürdige Erklärung darüber gibt, wie auf welchem Weg Trịnh Xuân Thanh nach Vietnam zurückgekehrt sein soll.“, erklärt Vladimir Gandel, Sprecher des slowakischen Außenministeriums. Er gibt zudem an, dass es diplomatische Konsequenzen geben werde, wenn sich herausstellen sollte, dass erstens ein slowakisches Regierungsflugzeug und zweitens die slowakische Gastfreundlichkeit ausgenutzt wurden.
Hiếu Bá Linh – VD-News
Übersetzung: Hoàng Chính – VD-News