Unter dem Titel „Der 23. Juli 2017 – Entführung im Berliner Tiergarten“ hatte das Deutsche Spionagemuseum im Zentrum Berlins fünf Jahre nach der Entführung von Trinh Xuan Thanh zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen. Moderator Helmut Müller-Enbergs, Professor für Politologie, hatte die Rechtsanwältin Petra Schlagenhauf und die Journalisten Marina Mai und Trung Khoa Le als Diskussionsteilnehmerinnen ausgewählt.
Zuerst informierten die Diskussionsteilnehmer das Publikum über Vorbereitung und Ablauf der Entführung von Trinh Xuan Thanh: Bereits im September 2016 war eine Delegation des vietnamesischen Geheimdienstes durch mehrere europäische Staaten gefahren mit dem Ziel „Personen, teilweise aus dem kriminellen Milieu zu rekrutieren für die Nachforschungen zum Aufenthaltsort des in Europa vermuteten Trinh Xuan Thanh“, so die Erkenntnisse des tschechischen Geheimdienstes. Bereits im November 2016 wusste Vietnam allerdings, dass sich Trinh Xuan Thanh in Berlin befand. Der Geheimdienst kannte allerdings nicht seine Adresse, so dass er ab dem 19.7.2017 an seine Geliebte Phuong D. observierte, eine Mitarbeiterin des vietnamesischen Ministeriums für Außenhandel, die Trinh Xuan Thanh in Berlin besuchte. Die Geliebte führte den Geheimdienst zu Trinh Xuan Thanh. Beide wurden am 23.7. im Berliner Tiergarten gewaltsam gekidnapt und anschließend nach Vietnam gebracht.
Den Nachweis, dass es sich tatsächlich um den vietnamesischen Geheimdienst handelte, der Trinh Xuan Thanh entführte, brachte Petra Schlagenhauf. Auf den Bildern der Überwachungskameras in den Hotels der Entführer wurden Duong Minh Hung, damals stellvertretender Geheimdienstchef Vietnams, eindeutig identifiziert, außerdem dessen Assistent Quang Dung Vu. Moderator Müller-Enbergs war überrascht: „Das hat nicht mal die Staatssicherheit der DDR getan – einen stellvertretenden Geheimdienstchef für eine Operation ins Ausland entsandt.“
Überraschung im Publikum hatte ausgelöst, wie selbstverständlich und unbeobachtet von deutschen Behörden der vietnamesische Geheimdienst in Berlin operiert hatte: Die meisten Männer hatten unter ihren richtigen Namen in den Hotels eingecheckt. Die Nummernschilder der Entführungsautos waren nicht ausgetauscht worden. Die Entführer waren sich sehr sicher, nicht entdeckt zu werden. Sie dachten, dass sich in Deutschland niemand für Trinh Xuan Thanh interessieren würde.
Marina Mai